Alleen als Kulturgut und Lebensraum

Alleen und Baumreihen sind fester Bestandteil der Kulturlandschaft. Besonders in den nördlichen Bundesländern prägen sie das Landschaftsbild und sind eng mit der regionalen Identität verbunden. Viele dieser Baumreihen stammen aus vergangenen Jahrhunderten und wurden einst als Sichtachsen, Orientierungshilfen oder zur Strukturierung von Gärten angelegt. Sie schützten Reisende vor Wind und Wetter, lieferten Brennholz und Obst und stabilisierten Wege durch ihre Wurzeln. Blätter wurden als Streu und Tierfutter genutzt. Harz und Honig waren zusätzliche Produkte. Zusätzlich dienten sie als Kapitalanlage, da das Holz später gewinnbringend genutzt werden konnte. Promenadenalleen wurden zudem als Orte der gesellschaftlichen Interaktion angelegt und steigerten die Attraktivität von Städten und Landschaften.

Heute sind Alleen mehr als historische Zeugnisse. Sie filtern Schadstoffe aus der Luft, produzieren Sauerstoff und bieten Lebensraum für viele Tierarten. Alte Bäume mit Hohlräumen dienen als Unterschlupf für Vögel, Fledermäuse und Insekten. Baumreihen entlang von Straßen mindern Lärm, spenden Schatten und verbessern das Mikroklima. Zudem tragen sie als natürliche CO₂-Speicher aktiv zum Klimaschutz bei und fördern durch ihre Vielfalt an Pflanzen und Tieren die Biodiversität.

Warum verschwinden immer mehr Alleen?

Trotz ihrer Bedeutung gehen in Deutschland immer mehr Alleen verloren. 2006 gab es noch 27.500 Kilometer Baumreihen, 2022 waren es nur noch 22.788 Kilometer. Das größte Problem ist der Straßenbau. Viele alte Baumreihen weichen breiteren Fahrbahnen, ohne dass Ersatz gepflanzt wird. Technische Vorschriften wie die Abstandregelungen von bis zu 12 Metern zwischen Straßenrand und neuen Bäumen verhindern Neupflanzungen. Da diese Flächen oft landwirtschaftlich genutzt werden, fehlen geeignete Standorte.

Auch mangelnde Pflege setzt den Alleen zu. Falsche Schnitttechniken verursachen große Wunden an den Bäumen, die anfällig für Pilze und Schädlinge werden. Unsachgemäßer oder zu später Schnitt schwächt die Bäume dauerhaft. Hinzu kommen Extremstandorte: Bodenverdichtung, Trockenstress, Streusalz und Schadstoffe setzen den Bäumen zu. Viele Kommunen haben nicht genügend finanzielle Mittel, um Nachpflanzungen durchzuführen. Ohne fachgerechte Pflege sinkt ihre Lebenserwartung erheblich.